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Wie bitte? Wir sollen die Unterlassung von Hilfe und Schutz respektieren?

August 7th, 2011 | Posted by Ines Laufer in Allgemein | Entwicklungshilfe | Kommentare | Plan International | World Vision
Wer es absichtlich unterlässt, Menschen in akuten Notsituationen (egal ob Hunger oder Genitalverstümmelung) zu helfen, muss mit scharfer Kritik rechnen
Wer es absichtlich unterlässt, Menschen in akuten Notsituationen (egal ob Hunger oder Genitalverstümmelung) zu helfen, muss mit scharfer Kritik rechnen

In einem Gespräch kürzlich kam die Frage auf, weshalb  in Bezug  auf schwere Kinderrechtsverletzungen (insbesondere Genitalverstümmelung an Mädchen)   die TaskForce die Bemühungen von Patenkindorganisationen wie Plan International, World Vision, Kindernothilfe und ChildFund (d.h. langwierige Sensibilisierungsversuche, die Verstümmelungstäter von einer freiwilligen Abkehr von dieser Gewalt zu  überzeugen) nicht einfach als gleichberechtigten „anderen Ansatz“ respektiert sondern scharf kritisiert:

Davon abgesehen, dass bisher keine der o.g. Organisationen einen validen (!) Wirksamkeitsnachweis ihres langfristigen „anderen Ansatzes“ zu erbringen vermag, gründet die Kritik vor allem auf der  Haltung  dieser Organisationen,  dringend nötige Schutzmaßnahmen  zur Abwendung der akuten Verstümmelungs-Gefahr für hunderttausende Mädchen nicht umsetzen zu wollen.

Im Hinblick auf die aktuelle Hungerkatastrophe in Somalia lässt sich diese kritikwürdige Grundhaltung im Vergleich verdeutlichen:

Wie würde die Öffentlichkeit wohl reagieren, wenn eine Organisation verkündete, sie wolle keine Nahrungsmittel zur Linderung der größten akuten Not bereitstellen, obwohl sie es könnte, denn schließlich verfolge sie „einen anderen Ansatz“ zur Bekämpfung des Hungers, und zwar „langfristige Agrarprojekte“, wenngleich der Nachweis der Wirksamkeit eben jener Projekte  mehr als mager ausfällt?
Was würde die Öffentlichkeit einer Organisation entgegnen, die vorgäbe, langfristige Versuche zur Linderung des Hungers zu unternehmen – aber gleichzeitig die Menschen in ihren Projekten in der akuten Not verhungern ließe – in Beharrung auf ihrem „anderen Ansatz“ ?

Oder ein anderes Beispiel: Welche Reaktionen riefe wohl eine Organisation hervor, deren erklärtes Ziel die Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder durch „Überzeugung der Täter“ sei, die jedoch in ihren Projekten durch Nicht-Intervention die Vergewaltigung von Kindern duldete?

Mit Nachsicht, Verständnis und Respekt dürfte eine solche Organisation sicher nicht rechnen, dafür mit Empörung, Entrüstung und einem kollektiven Aufschrei und es wäre fraglich, ob sie überhaupt noch Unterstützer fände.

Warum also sollten Organisationen, die in ihren Projekten schwere Menschenrechtsverletzungen wie die Genitalverstümmelung an Mädchen dulden, für ihr Fehlverhalten nicht auch Konsequenzen ziehen müssen?

Denn mit der Verstümmelung verhält es sich im Prinzip ebenso: Rund 400.000 Patenmädchen sind dieser akuten Gewaltsituation ausgeliefert. Sie brauchen Schutz. Sofort. Messbar. Umfassend.

Von den mageren Aussichten auf eine eventuelle „langfristige Verhaltensänderung“ in der Gesellschaft haben die tausenden Patenmädchen, die heute, morgen und übermorgen usf. verstümmelt werden ebensowenig, wie diejenigen, die jetzt verhungern würden, weil man ihnen aufgrund eines „anderen Ansatzes“ sofortige Hilfe verweigerte, vom Ausblick auf bessere Ernten in den kommenden Jahren:

Wer es unter Berufung auf einen fragwürdigen „anderen Ansatz“ unterlässt, von Menschen/Kindern, die sich in einer akuten Notsituation befinden, diese Not abzuwenden, obwohl er es könnte – macht sich in menschenverachtender Weise mitschuldig an den Opfern, die eben diese aktue Not fordert.
Er verwirkt damit seinen Anspruch auf Respekt, Anerkennung, Toleranz, Akzeptanz oder gleichberechtigtes Nebeneinander.
 
Indem Plan International, World Vision, Kindernothilfe und ChldFund den akut gefährdeten Mädchen die grundlegensten Schutzstandards verweigern – weil ihr „anderer Ansatz“ den nicht vorsieht, d.h. sie den Schutz nicht einfordern wollen, nicht in ihren Förder-Kriterien festschreiben wollen und nicht regelmäßig überprüfen wollen – nehmen sie billigend in Kauf bzw. dulden sie, dass tagtäglich diese Verbrechen in ihren Projekten verübt werden.

Gleichzeitig betrügen sie  die Spender mit  falschen Werbeaussagen wie z.B. „Plan schützt Mädchen“ oder „Plan sorgt dafür, dass Mädchen wie Zaria aus Togo gesund aufwachsen können“. (= Täuschung / Hervorrufen eines Irrtums mit dem Ziel, eine Vermögensverfügung/Spende zu erhalten = Betrug)
 
Ein solches Fehlverhalten  sowie dessen Förderung und finanzielle Unterstützung in der Öffentlichkeit schonungslos und deutlich zu benennen, zu kritisieren und vor allem effektive Lösungen aufzuzeigen ist das Mindeste, was die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung gebietet.

Foto (c) Flickr/Tom Burke

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