Nach und nach scheint es bis in die letzte Ecke der Entwicklungshelfer-Szene vorgedrungen zu sein: Das Thema „Genitalverstümmelung“ bietet sich prima an für pathetischen Kitsch, der geeignet ist, gutgläubigen Spendern das Geld aus der Tasche zu ziehen, wie uns das Katholische Missionswerk missio mit seinem aktuellen Werbefilmchen demonstriert:
Gezeigt wird die heroische Nonne Christine auf ihrem Sensibilisierungs-Trip durch den (überwiegend muslimischen) Senegal, auf dem sie „das Vertrauen der Gemeinschaft“ mit stock-steifen Tanzbewegungen und missionarischen Worten gewinnen will – gefolgt von dem Aufruf an die geneigten Zuschauer, doch bitte für eben jene sinnfreie „Arbeit“ zu spenden…
Wer angesichts derart linkischer Dilettanz vielleicht schmunzeln mag, dem bleibt womöglich das Lachen im Halse stecken angesichts der bedrückenden Fakten:
1. Missio will der spendenwilligen Öffenlichkeit in Gestalt von „Nonne Christine“ glauben machen, der Verein bzw. die Katholische Kirche setze sich für ein Ende der Genitalverstümmelung an Mädchen ein.
Eine unverschämte Lüge: Die katholische Kirche als Institution und ihre klerikale Elite duldet, verschweigt und ignoriert diese Verbrechen seit Jahren geflissentlich, obwohl sie an Millionen Christinnen (z.B. in Ägypten, Äthiopien, Kenia u.v.m.) verübt werden und demonstriert auf diese Weise par excellence ihre Frauen- und Sexualfeindlichkeit.
2. Afrika ist (wie für die meisten sogenannten Entwicklungshilfeorgenisationen) der Lieblings-Markt von missio: Fast die Hälfte von missio’s Wirken und Werkeln spielt sich auf dem „schwarzen Kontinent“ ab: Mehr als als 25 Millionen Euro pumpt das Werk pro Jahr nach Afrika. In 17 Ländern, in denen bis zu 95% der Mädchen verstümmelt werden, hat missio seine Finger im Spiel, z.B. in Kenia: Von dort berichteten wir erst letztes Jahr, wie die Katholische Kirche den Kampf gegen Genitalverstümmelungen behindert.
Das systematische Gewaltverbrechen der Genitalverstümmelung wird bei missio prinzipiell höchstens verschämt in Halbsätzen erwähnt und es wurden bislang weder pragmatische Ansätze noch wirksame Strategien erarbeitet, um zumindest die Kinder in den 25-Millionen teuren missio-Projeken angemessen zu beschützen .
Andererseits bedient der Verein bis zum Anschlag das rassistische Klischee der minderbemittelten Afrikaner, die für ihre bestialischen Verbrechen gegen die eigenen Kinder aus der Verantwortung genommen werden mit der irrsinnigen Behauptung, sie wüssten gar nicht, was sie da tun – und die dankbar auf eine heilsbringende Missionarin wie Nonne Christine warten, um sie „zu sensibilisieren“.
3. Gekrönt wird die verlogene Hilfs-Politik durch die Doppelmoral, mit der missio (und eine Reihe andere christliche „Hilfswerke“) darüber verfügt, vor welchen Verbrechen Kinder Schutz erwarten dürfen – und vor welchen nicht: In einer gemeinsamen Erklärung über die Vorgehensweise bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Projekten heißt es z.B., dass „Kinder und Jugendliche in besonderem Maßa schutzbedürftig“ seien und „vor Gefahren…zu schützen“ seien und dass in den Projekten „eine erhebliche moralische Verantwortung für das Wohl der Schutzbefohlenen“ bestünde.
Für den Fall, dass Projektverantwortliche Fälle von sexualisierter Gewalt „unzureichend handhaben“, verpflichtet man sich zu konsequenten Maßnahmen, wie z.B. „Sperre der Auszahlung bereits bewilligter Mittel, Kündigung der Projektvereinbarung, Abbruch der Projektzusammenarbeit oder Nichtbewilligung von Anschlussförderungen…“
Für Genitalverstümmelungen an Mädchen – die ganz systematisch und legitim an z.T. allen (!) weiblichen Kindern der jeweiligen Projekte verübt werden und gleichzeitig wesentlich einfacher nachweisbar sind als sexualisierte Gewalt – sehen die Organisationen keine solchen Sanktionen vor. Sie verneinen auf diese Weise das äquivalente Recht von Mädchen auf Schutz vor Genitalverstümmelung und geben grünes Licht für die Weiterführung dieser Verbrechen in den eigenen Projekten.
Es wird insofern höchste Zeit,
a.) missio und den anderen involvierten Organisationen eine Stellungnahme abzuverlangen, auf welcher Grundlage sie sich weigern, die weiblichen Kinder umfassend vor Genitalverstümmelung zu schützen und
b.) die breite Öffentlichkeit (insbesondere die Spender) über dieses folgenschwere Fehlverhalten zu informieren…
Missio mit einer heroischen Nonne und jeder Menge Pathetik auf Spenden-Sammlungs-Mission:
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